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  • AutorenbildMonia

Von der anspruchsvollen Macht, gesund zu arbeiten

Wir arbeiten nach einem Rollenmodell. Das bedeutet, dass jede:r von uns sich immer wieder fragt, wie wir mit allem was wir sind, können und wollen den besten Beitrag für den Sinn unserer Organisation ausmachen könnte. Daraus ergeben sich Rollen, die miteinander verzahnt sind - die Basis für eine Netzwerkorganisation. Genau genommen basteln wir daher fast täglich an unseren Stellenbeschreibungen.

Wir beschließen, was wir machen und was nicht. Jede:r für sich. Es ist kein Gruppenprozess sondern verankert in einem tiefen Glauben an die Selbstorganisationskraft von Systemen.

Natürlich geht es uns wie vielen Start-Ups: wir haben eher eine Tendenz uns vor lauter Enthusiasmus und Motiviation zu übernehmen als zu unterfordern. Freudig schnappen wir uns Rollen und probieren sie an. Und nicht alle passen...





In der Regel ist die Antwort einfach, wenn wir merken, dass es zuviel wird: wir verbinden uns mit unserem Sinn und fragen uns, welche der Rollen am meisten auf die Entwicklung von Hilfestellungen für wertebasierte Organisationen einspielen. Die behalten wir. Die anderen hängen wir erst einmal zum "?" auf unserem Rollenboard. Vielleicht finden andere sie ja wichtig und nehmen sie sich. Oder eben nicht - dann ist die Rolle am Ende nicht essentiell.

Doch manchmal ist es auch keine Frage von Priorisierung, sondern von Gesundheit.

In den 80er Jahren hat der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky uns als Menschheit ein Geschenk gemacht. Er hat uns aufgefordert, nicht mehr Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit zu definieren, sondern als eigenständiges Konzept zu betrachten. Neben der Pathogenese, also der Konzentration auf die Krankheit, ist die Salutogenese entstanden, demnach die Konzentration auf die Gesundheit. Ein zentrales Element in seinem Modell ist das Kohärenzgefühl. Demnach sind wir dann gesund, wenn Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit zusammen kommen. Wir müssen grundlegend verstehen können, in welchen Zusammenhängen wir uns befinden. Natürlich ist das in einer komplexen Welt niemals vollständig möglich, es sollte aber doch genug gegeben sein, dass wir sowohl unser Innen als unser Außen halbwegs einordnen können. Dann müssen wir das Gefühl haben, in dieser Welt auch Einfluss nehmen zu können, dass uns die Ressourcen zur Verfügung stehen, gestalten und (ver-)antworten zu können. Zuletzt muss es uns sinnhaft genug erscheinen, dass sich aus unserer innersten Überzeugung das Engagement und die Anstrengung lohnen. Gesundes Arbeiten bedeutet demnach weniger Yoga und Massagen in Anspruch zu nehmen, sondern eine Arbeitsplatzbeschreibung, die für mich verstehbar, handhabbar und sinnhaft ist. Und wir haben in unserem Rollenmodell die Chance und die Pflicht, uns eben solch ein Verantwortungsprofil selbst zu basteln. Und ebenso wie sich unsere Rollen stets verändern, sieht auch Antonovsky Gesundheit als einen Prozess, der kontinuierlich in Balance gebracht werden muss. Der gesunde Arbeitsplatz von heute kann der krankmachende von morgen sein.

Zusammengefasst heißt das: wenn ich eine Rolle nicht wirklich verstehe, wenn sie aus irgendwelche Gründen für mich nicht gestaltbar ist und/oder ich ihren Sinn nicht wirklich sehen kann, gehört sie wohl nicht zu mir.

Das heißt allerdings nicht, dass ich mich ganz davon lösen muss, dazu sind wir ja ein Netzwerk. Das ist der Moment, in dem ich in mich gehen muss: welche Teile kann ich verstehen, handhaben und sinnvoll finden? Wie genau ist diese Rolle dann umrissen? Und was brauche ich dann von anderen, damit das Vorhaben als Ganzes umgesetzt werden kann? Meistens finden sich dann die Menschen ein, die mich so ergänzen, dass meine Rolle für mich gesund ist und das System als Ganzes wieder kohärent wird. Und manchmal ist dann eben auch das Schwerste nötig: loslassen, weil es für mich und daher 1:1 auch für meine Organisation nicht gesund ist.




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