Im November schickte mir Sandra, eine meiner besten Freundinnen, mit der ich in Leipzig
studiert hatte und die jetzt in München lebt, eine WhatsApp mit einem Link zur Website
goodjobs.eu mit einem Jobangebot. Beim Stichwort Oberlausitz hatte sie sofort an mich
gedacht, da ich vor drei Jahren in meine Heimatregion zurückgezogen bin.
Ich staunte nicht schlecht, als ich von der Suche nach einem
Teammitglied "New Work Oberlausitz" (w/m/d) las. Arbeitsort: das LebensGut Pommritz. Damit würde mein neuer Arbeitsort nur einen schlappen Kilometer von meinem zukünftigen Wohnort sein. Ich könnte mit dem Rad zur Arbeit düsen. Ein Traum.
Das LebensGut Pommritz war während meiner Kindheit (Anfang/ Mitte der 1990er) ein
besonderer Ort für mich. Dort lebten Menschen zusammen, die ihren Käse selbst
herstellten, Tiere hielten, ein Lehmhaus auf Stelzen bauten. Mich hat das als 8Jährige
stark beeindruckt.
Das sich nun etwas Neues in Pommritz gründen wird, hat ein Kribbeln in mir ausgelöst.
Der Aufruf zur Bewerbung las sich unwirklich, einfach zu schön, um wahr zu sein.
Weshalb? Der Ton war freundlich, herzlich, nahbar. Tatsächlich hatte ich noch niemals ein
Stellenangebot dieser Art gelesen. Es hat richtig Spaß gemacht sich zu bewerben, denn ich hatte die Möglichkeit, alles zu machen und kein langweiliges PDF zu erstellen. Da ich es liebe, Dinge anzufassen und zu fühlen, habe ich mich für einen CV als Leporello aus grauem rohen Pappkarton entschieden mit ein paar Minibildern, um einen Eindruck von mir und meinem bisherigen (Berufs)leben zu geben.
Das Stellenangebot enthielt auch große Fragen. Hier war mein Innerstes nötig:
Was würdet Ihr tun? Was würdet Ihr in der Welt bewirken? Wie würdet Ihr mit den anderen
zusammenarbeiten? Ich habe per 5 minütigem Video geantwortet. Ich saß dafür frontal vor
meinem Handy und stellte mir vor, es wäre die Person, die mir die Fragen stellt. Ich hielt
Blickkontakt und blieb der Kamera zugewandt, wie ich es im realen Gespräch auch halte.
Wenige Tage später schon bekam ich per E-Mail eine Einladung zum Kennenlernen.
Meine Freude war groß und meine Überraschung auch. Ich würde nicht nur auf meine
etwaigen Arbeitgeber treffen, sondern auch auf meine Mitbewerber*innen. So war es denn
auch. Ich fand mich wieder in einer Runde der letzten Zwölf. Das war angenehm für mich,
ich habe interessante Menschen kennen gelernt. Nach einer Kennenlernrunde („Erzähl
uns von drei Dingen, die dich im Moment beschäftigen“) hat uns Monia dann darüber
aufgeklärt, was die Working Evolutions GmbH will und wofür sie steht. Es gab keine
klassischen Berufsprofile, auf die wir uns beworben haben. Teammitglieder wurden
gesucht und bestimmte Fähigkeiten gefragt. Die Arbeitsaufteilung würde sich anhand von
Kompetenzen herauskristallisieren, weil die Organisation, die Working Evolutions, ein
lebender Organismus sei. Spannend. Nicht nur eine neue Arbeitsstelle, eine neue
Organisation, sondern auch eine gänzlich neue Art des Arbeitens würde mich erwarten.
Am Abend wurden wir noch eingeladen, zusammen zu essen. Ein schöner Abschluss
dieses Tages. Wer wollte, durfte sogar im Bio-Seminarhaus des LebensGut Pommritz
übernachten. Ich wohne ganz in der Nähe. Also entschied ich mich dafür, nach Hause zu
fahren.
Am nächsten Morgen hatte ich, wie die anderen auch, ein halbstündiges Einzelgespräch
mit Monia und Heiko, zwei der drei Gründer*innen von Working Evolutions. Ich war nicht
durch einen Tisch von den beiden getrennt, wie bei eigentlich allen
Bewerbungsgesprächen, die ich bisher in meinem Leben hatte. Wir saßen zu dritt im
Kreis. Nichts zwischen uns. An eine Pinnwand waren 7 oder 8 Begriffe gepinnt. Ich
erinnere mich an „Energie“, „Verantwortung“, „Team“, „Konflikte“, „Freiheit“. Ich sollte mir
die Begriffe anschauen und mich dazu äußern. Ganz frei. Ohne konkrete Fragestellung.
Das hat mir Spaß gemacht. Außerdem sollte ich noch meine drei größten Wünsche
äußern und mit welchen Mitbewerber*innen ich mir vorstellen könnte,
zusammenzuarbeiten. Die Gesprächssituation war offen, herzlich, angenehm. Mit diesem
Gefühl verließ ich den Raum.
Einen Tag später rief mich Heiko an und sagte mir zu. Ich habe mich riesig gefreut und
auch direkt zugesagt. Nun bin ich ein Teil der fünfköpfigen Working Evolutions.
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